Ergebnisse in einfachem Deutsch

Wie können wir Einstellungen zu Wissenschaft bei Studierenden messen?

In der aktuellen gesellschaftlichen Ära von "Fake News" und "alternativen Fakten" stehen Wissen darüber, wie Wissenschaft arbeitet, Vertrauen in Wissenschaft und Wissenschaftler:innen und die wahrgenommene Nützlichkeit immer wieder in Frage. Allerdings wäre es in vielen Situationen sowohl aus Sicht der einzelnen Personen wie aus Sicht der Gesellschaft sinnvoll und nützlich, wenn wissenschaftliche Ergebnisse in die Entscheidungsfindung einbezogen würden. Hierfür sind positive Einstellungen gegenüber Wissenschaft notwendig. Um solche Einstellungen zu erforschen, braucht es entsprechende Messmethoden. Da jedoch negative Einstellungen zu Wissenschaft sozial nicht erwünscht sind, besteht bei der Erfassung von Einstellungen mit Hilfe von Fragebögen die Gefahr von verzerrten, nicht wahrheitsgemäßen Antworten - gerade wenn man Studierende befragen möchte. Auch haben Erfassungsmethoden jenseits von Fragebögen das Potential, zusätzliche Aspekte von Einstellungen zu erfassen.

Person hinter Platine

Für diese Studie haben wir daher indirekte Maße auf der Basis von Reaktionszeiten entwickelt und mit Fragebogenmaßen verglichen. Zudem haben wir überprüft, ob die reaktionszeitbasierten Verfahren zur Erfassung impliziter Einstellungen zu Wissenschaft über die Fragebogenmaße hinaus das Wissen über wissenschaftliches Vorgehen vorhersagen konnte.

Methodik
IAT Screenshot

Das hier verwendete reaktionszeitbasierte Verfahren (impliziter Assoziationstest, IAT) basiert auf dem Grundprinzip, dass Wörter sehr schnell in verschiedene Kategorien (Wissenschaft oder Ansichtssache, nützlich oder unnütz, glaubwürdig oder unglaubwürdig) sortiert werden müssen, indem jeweils eine von zwei Tasten gedrückt wird. Nach Übungsdurchgängen, in denen jeweils nur eine Kategorie (z.B. Wissenschaft – Ansichtssache) geübt wird, werden zwei Kategorien kombiniert dargeboten. Beispielsweise muss für Wissenschaft oder unnütz die linke Taste gedrückt werden und für Ansichtssache oder nützlich die rechte. Danach wird die Kombination gewechselt. Im Beispiel musste dann für Wissenschaft oder nützlich die linke Taste gedrückt werden. Es soll so schnell und richtig wie möglich kategorisiert werden. Aus dem Unterschied der Reaktionszeiten bei den verschiedenen Kombinationen wird errechnet, wie stark z.B. Wissenschaft mit Nützlichkeit assoziativ verknüpft ist.

Ergebnisse

Die Daten zeigen nur moderate Zusammenhänge der indirekten Maße mit den Fragebogenmaßen. Dies ist zwar für Einstellungen zu Wissenschaft ein neues Ergebnis, deckt sich aber mit früheren Erfahrungen zu anderen Einstellungen, dass oft nur sehr geringe Zusammenhänge zwischen Fragebogenmaßen und impliziten Assoziationsmaßen zu finden sind - offensichtlich werden unterschiedliche Teilaspekte einer Einstellung erfasst. Wir konnten außerdem zeigen, dass es einen Zusammenhang der impliziten Assoziationsmaße mit Wissen gibt. Dies ist auch der Fall, wenn Wissen zusätzlich über die Fragebogenmaße vorhergesagt wird. Das heißt, die impliziten Assoziationsmaße liefern bei der Vorhersage des Wissens zusätzliche Information.


Relevanz der Ergebnisse

Durch diese Untersuchung wurde deutlich, dass implizite Assoziationsmaße bei der Messung von Einstellungen gegenüber Wissenschaft ein zuverlässiges und valides Maß sind. Zudem hat sich ein Mehrwert im Vergleich zu einem einfachen Fragebogenmaß gezeigt. Unsere impliziten Assoziationsmaße können daher in weiteren Untersuchungen über Einstellungen zu Wissenschaft benutzt werden, um ein vollständigeres Bild der entsprechenden Einstellungen zu erhalten. Geprüft werden kann so beispielsweise, welche Einstellungen zu Wissenschaft in verschiedenen Bevölkerungsgruppen vorliegen oder welche Rolle Einstellungen zu Wissenschaft für das Informationsverhalten im Internet haben.


Die wissenschaftliche Publikation

Schoor, C., & Schütz, A. (2021). Science-utility and science-trust associations and how they relate to knowledge about how science works. PLOS ONE, 16(12), e0260586. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0260586


Das Projekt

Die Studie ist entstanden im Rahmen des Projekts Contexts, das von der DFG gefördert wurde.